Der Hexenabend
(Hübner, Die Sagen des Bezirkes Aussig)
Der 1. Mai wird im Erzgebirge (von Zinnwald bis Peterswald) als Hexenabend gefeiert. In den Abendstunden hört man von den Bergen gar seltsame Laute widerhallen. Knechte und Kuhhirten blasen auf Rinderhörnern, denen die Spitze abgesägt ist, oder auf sogenannten Dudelsäcken, die aus abgedrehter Ebereschenrinde verfertigt sind, den Hexenreigen. Hin und wieder fällt auch ein Schuß. Wird es dunkel, dann laufen Bauernburschen und Knechte, meist von Kindern begleitet, alle mit Strohseilen versehen, um das Gehöft und auf das angrenzende Feld, dabei fortwährend mit dem Strohseile die Erde peitschend, um so die Hexen zu vertreiben. Bauersfrauen müssen an diesem Abend auch noch für die Abwehr der Unholdinnen sorgen, damit das Vieh nicht verhext werde, daß Butter, Quark und Käse stets gut gelingen. Manche Bäuerin bestreicht die Schwelle der Stalltür mit Milch oder Tierurin oder mit bestimmten Kräutern. Darauf nimmt sie ein Töpflein, neu und irden muß es sein, gibt Milch hinein oder jene Kräutlein und stellt es dann unter die Stalltürschwelle oder unter die Krippen der Kühe. An diesem Tage (auch am Heiligen Abend) wird kein Seidel Milch, kein Napf Butter und kein Ei verkauft. Die Tiere, besonders die Kühe, bekommen verschiedene Zauberkräuter zu fressen und manches Tränklein zu saufen.